Sie erzählte mir vor ein paar Wochen von einem Ausflug nach Nordirland den sie und ein paar andere Leute, größtenteils Letten machen wollten und fragte mich ob ich mitkommen will. Da dacht ich mir na gut, zur Abwechslung kümmere ich mich mal um nix selbst und komme einfach mit, mal sehen was mich erwartet.
Wir reisten in einem Bus. Mit einem lettischen Busfahrer und einer Gruppe bestehend aus Letten, Esten und Russen, dem mitgebrachten amerikanischen Freund einer der Russinen und mir.
Es ging um 7Uhr in der früh los. Zu dieser frühen Morgenstunde fährt in meinem Teil der Stadt am Wochenende garnix, also bin ich kurz nach 6Uhr (ja ich!) auf mein Fahrrad gestiegen und zum Startpunkt geradelt.
Im Bus fragte dann der Busfahrer auf letteisch und russisch ob irgendwer weder lettisch noch russisch versteht... Ilze versucht auf englisch auf mich einzureden, das englische Sprachzentrum in meinem Kopf schläft noch, ein paar Russischvokabeln purzeln durch die Gehirngänge und der deutschsprachige Teil meines Gehirns denk "hä, was is los? ach lasst mich doch schlafen..." Nein, Kommunikation vor 9Uhr in der früh gehört nicht zu meinen Stärken. Also gibts alle Ansagen vom Busfahrer auf lettisch und russisch.
Nun kommen die freudig aufgeregt schnatternden Leute um mich herum auf die Idee, dass doch jeder aus der Gruppe mal nach vorn zum Mikrofon tapsen soll und sich kurz vorstellt. Ich taumele also irgendwie auch nach vorn schaffe es zur Begeisterumg meiner Mitreisenden auf russisch zu sagen ich bin Grete verreise gern und komme aus Deutschland. Es ist noch nicht mal halb Acht, es handelt sich also um eine Kommunikationstechnische Höchstleistung!
Die nächsten 2-3h Fahrt verbringe ich im Halbschlaf, bis ich von Ilze geweckt werde, wir sind bereits in Nordirland und besuchen die größte bekannte Tropfsteinhöhle auf der irischen Insel, die Marble Arch Caves (http://www.marblearchcaves.net/). In der Höhle fließt ein unterirdischer Fluss, daher fahren wir einen Teil der Strecke auf Booten durch die Höhle.
Wieder im Bus geht die Reise weiter über schönes grünes hügeliges Land, vorbei an Seen Bäumen, Kühen und Schafen bis nach Derry.
Derry heißt die Stadt nur für die Iren, für die Briten heißt sie Londonderry. Der Name ändert sich auch auf den Autobahnschildern wenn man über die Nordirische Grenze kommt.
Durch Derry laufen wir zu Fuss, erst in Begleitung eines Reiseführers der uns viel über die komplizierte irisch/britische Geschichte der Stadt erzählt und über die "Troubles". Die Führung ist sehr interessant, genau wie in Belfast sind hier noch viele Spuren der "Troubles" in Form von Wandmalereien und Denkmälern zu finden, aber auch weniger politische Wandmalereien.
In Derry wohnen auch heute noch viele Katholiken, also Iren, und bis heute gibt es einen rein katholischen und einen fast rein protestantischen Teil der Stadt. Vor allem der britisch protestantische Teil ist sehr darauf bedacht sich abzugrenzen, einzumauern und so viel nationalstolz wie möglich zu präsentieren. Selbst die Bürgersteige werden hier in britischen Farben bemahlt. Einladent sehen diese britischen Festungen jedoch nich aus.
Der Stadtführer erzählt uns dass hier eine Mehrheit an Katholiken wohnte, aber eine Minderheit an britischen Protestanten das Geld und das Land besaß. Das Wahlrecht hier hing vom Besitz ab, und damit hat die protestantische Minderheit regiert.
Die "Troubles" fingen hier damit an, dass Katholiken in den 1972 auf die Straße gegenangen sind und für gleichberechtigtes Wahlrecht demonstriert haben. Auf die Demonstranten wurde geschossen, die britische Regierung hat anschließend bekannt gegeben die erschossenen Demonstranten seien schwer bewaffnet gewesen. Sieben der Dreizehn Toten waren unter 20 Jahren alt. Dieser Tag ist heute als "Bloody Sunday" bekannt (http://en.wikipedia.org/wiki/Bloody_Sunday_(1972)). Nach der Demonstration wurde die britische Armee um Hilfe gerufen, sie sollte ein paar Tage bleiben, bis wieder Ruhe herrscht... sie blieben mehr als 30 Jahre.
Der Bericht des Stadtführers klang sehr nach einer irisch-katholischen Version, eine deutlich andere Sichtweise als die Wandbilder im britischen Viertel von Belfast. Aber zu unserer Überraschung erzählt er uns zum Schluss, dass er aus dem britischen Teil der Stadt kommt und die Stadtführungen im Auftrag der britischen Regierung durchführt. Er sagt Touristen durch diese Stadt zu führen war noch vor 10 Jahren undenkbar, die kritisch Auseinandersetzung mit den "Troubles" und das erzählen der Geschichte für Besucher ist für ihn der größte Schritt der Stadt in eine friedliche Normalität.
Am Abend mache ich mit Ilze noch einen Spaziergang auf der noch komplett erhaltenen Stadtmauer. Diese Mauer wurde vor 200 Jahren von den Briten, rings um das Stadtzentrum herum errichtet, innerhalb der Mauer durften nur Protestanten wohnen. Die Mauer ist so breit, dass dort ein Gehweg platz hat.
Hier Ilze auf der Mauer:
Nach dem Spaziergang treffen wir einen Teil der Gruppe in einem Pub mit Lifemusik wieder.
Die Nacht verbringen wir in einem Hostel und am nächsten Tag geht es weiter an die Küste.
Zuerst zur Ruine einer alten Tempelanlage(http://www.discovernorthernireland.com/Mussenden-Temple-and-Downhill-Demesne-Castlerock-Coleraine-P2928), hier kann man durch alte Mauerreste wuseln oder darauf herumklettern. Nach einer Stunde treibt uns das irische Wetter jedoch stürmisch zurück in den Bus.
Von dort zu noch einer Ruine, diesmal ein Castle auf einem Felsen im Meer, das Wetter sieht wieder freundlich aus. (http://www.discovernorthernireland.com/Dunluce-Castle-Medieval-Irish-Castle-on-the-Antrim-Coast-Bushmills-P2819)
Den Rest des Tages verbringen wir bei schönstem Regenbogenwetter an den schönen Klippen der nordirischen Küste, ich wandere ein paar Stunden mit Ilze, unter anderem zu dieser abendteuerlichen Brücke.
Die Brücke wurde von Lachsfischern errichtet, heute werden hier nur noch Touristen gefischt.
Die Klippen ringsherum sind grandios, der ständige Wechsel von Regen, Wolken und Sonne taucht die Landschaft alle paar Minuten in anderes Licht und die Regenbögen sprießen, man könnte hier einfach den ganzen Tag immerwieder die selbe Stelle fotografieren, ohne dass es langweilig wird.
Nach dem langen Tag folgt eine lange nächtliche Busfahrt vom hohen Norden zurück nach Dublin. Ich versuche mich im Bus seelisch darauf vorzubereiten, dass ich noch todmüde vom Stadtzentrum nachhause radeln muss. Aber zu meinem Glück stellt sich herraus dass der Busfahrer mitsamt seinem Bus noch in den Norden von Dublin zurück muss, und er setzt mich mit meinem Fahrrad fast vor der Haustür ab :-)
Inzwischen sind anderthalb Wochen vergangen. Das letzte Wochenende war hier ein langes Wochenende mit freiem Montag, diese 3 Tage habe ich im Killarney National Park verbracht, natürlich hab ich auch dort reichlich Bilder produziert, und die werden in den nächsten Tagen bald hier zu finden sein!
bis dahin viele Grüße
Grete
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